Bandelhütte am Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald bei Detmold
Die Geschichte der Bronzeplastik beginnt im zentralasiatischen Kirgisistan der 1930er und 40er Jahre. Dort gerieten viele Menschen in die Mühlen der stalinistischen Säuberungen und des „Großen Vaterländischen Kriegs“ – so auch die deutschsprachige, russlandmennonitische Familie von Jakob Wedel. Bereits in frühen Jahren war er zur Kinderarbeit gezwungen, um sich und seine verwaisten Geschwister mehr schlecht als recht zu ernähren. Als sich die Lebensbedingungen in der Nachkriegssowjetunion besserten, ging Jakob Wedel mit über 30 Jahren erstmals seinem handwerklichen Talent nach: als Tischler, Bildhauer und Schnitzer! Wegen des Systemdrucks stellte er seine künstlerische Karriere zunehmend in den Dienst des sozialistischen Staates – bis er im Jahr 1979 Deutschland bereiste und bei Detmold Ernst von Bandels Lebenswerk bestaunte: Die Bauphase der Arminius-Säule war durch alle erdenklichen Widrigkeiten gekennzeichnet und setze so weniger der geeinten Deutschen Nation als vielmehr den Visionär_innen dieser Welt ein Denkmal.
1988 kam Jakob Wedel als Aussiedler und nunmehr freier Künstler nach Deutschland. Unter anderem schuf er eine Bronzefigur zu Ehren des ruhelosen Künstlers Ernst von Bandel. Sie zeigt den Architekten während seiner Präzisionsarbeit an Arminius‘ Faust samt Schwertgriff. Ohne Klinge erinnert diese an einen übergroßen Hammer und offenbart damit Jakob Wedels pazifistische Einstellung: Nicht Kriege oder Siege überdauern die Menschheit (unterliegt die Erinnerung daran doch stets den Launen der Politik), sondern gerät nur ein von Menschenhand geschaffenes Kunstwerk nimmer mehr in Vergessenheit! Leider ist die Bandelhütte in der Nacht auf den 28. Dezember 2021 unter bislang ungeklärten Umständen niedergebrannt und mit ihr das Duplikat von Jakob Wedels Bronzeplastik. Das Original ist sicher verwahrt im Landesmuseum Detmold.
Dieser Erinnerungsort wird vorgestellt von
Tatjana Kohler (geb. Schmalz),
Nachwuchsnetzwerk „Junge Wissenschaft West-Ost“ (JUWOST) der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen
Der Beitrag basiert auf den Ausschnitten eines Essays, das zuerst auf dem JUWOST-Blog erschien (04.10.2021).